Kurt Jooss: Der Grüne Tisch
DER GRÜNE TISCH
Ein Totentanz in acht Bildern
Musik: Fritz A. Cohen
Buch & Choreographie: Kurt Jooss © The Jooss Estate
Kostüme: Hein Heckroth
Lichtentwurf & Masken: Hermann Markard
Licht: Jan Hofstra
Einstudierung & Künstlerische Produktionsleitung: Jeanette Vondersaar
Klavier: Christian Grifa & Wolfgang Wiechert
Der Tod: Chidozie Nzerem
Der Fahnenträger: Friedrich Pohl
Der junge Soldat: Brice Asnar
Das junge Mädchen: Marlúcia do Amaral
Die Frau: Camille Andriot
Der alte Soldat: Michael Foster
Die alte Mutter: Yuko Kato
Der Schieber: Sonny Locsin
Soldaten: Arthur Stashak, Philip Handschin, Bruno Narnhammer
Frauen: Mariana Dias, Helen Clare Kinney, Feline van Dijken, Norma Magalhães, Virginia Segarra Vidal
Die schwarzen Herren: Camille Andriot, Feline van Dijken, Yuko Kato, Brice Asnar, Michael Foster, Philip Handschin, Sonny Locsin, Bruno Narnhammer, Arthur Stashak, Friedrich Pohl, Eric White
Premiere am 2. Februar 2018 – Theater Duisburg
im Rahmen von Programm
Es waren die Menschen des späten Mittelalters, die mit ihrer Liebe zu uns direkt ansprechenden Bildern die Figur jenes Todes erfanden, der in einem nicht abreißenden Reigen jeden zum Tanz bittet, bevor er ihn mit sich in sein dunkles Reich nimmt: Papst, Kaiser, Kardinal, König, Edelmann, Bürger, Bauer, Bettler – Mann, Frau, Kind … Vor dem Tod sind sie alle gleich und keiner kann ihm entkommen. Die Ambivalenz zwischen Lebenslust und Todesangst fand im Motiv des Tanzens ihr eindrückliches Sinnbild – sei es in den dramatischen Dichtungen, die im sakralen Rahmen ihre Aufführungen erlebten, sei es in den oft lebensgroßen Wandgemälden in Kirchen und Kapellen, an Beinhäusern oder Friedhofsmauern.
Ein Fries – nämlich der berühmte, um das Jahr 1460 entstandene und bei einem Luftangriff 1942 zerstörte Totentanz in der Lübecker Marienkirche – inspirierte Kurt Jooss 1932 zu seinem Ballett „Der Grüne Tisch“ und damit zu einem brennenden Plädoyer für Menschlichkeit und Pazifismus: An einem Grünen Tisch steigern sich zehn Herren – Politiker, Diplomaten, Spekulanten und andere Drahtzieher der Weltgeschichte – in immer heftigere Diskussionen. Auf dem Höhepunkt ziehen sie ihre Pistolen. Es fällt ein Schuss, Krieg bricht aus, ein Totentanz beginnt. Im letzten Bild schließt sich der Kreis: Wieder diskutieren die Herren. In der Synthese von Mitteln des freien deutschen und des klassisch-akademischen Tanzes zählt „Der Grüne Tisch“ bis heute zu den bedeutendsten und bühnenwirksamsten Meisterwerken des dramatischen Tanztheaters. Und mehr: „Genauer ist auf der Tanzbühne nie gezeigt worden, dass Krieg kein unabwendbares Schicksal ist, sondern jener Interessenkonflikt, in welchen die Besitzenden die Habenichtse hineinziehen“, schrieb Jochen Schmidt über das Werk.
Mit den Einstudierungen von „Pavane“ für und „Der Grüne Tisch“, der nach der Düsseldorfer Premiere in in der Spielzeit 2017/18 nun auch im Theater Duisburg zu sehen ist, zählt das Ballett am Rhein derzeit zu den wichtigsten Interpreten der Werke von Kurt Jooss (1901–1979). Der deutsche Choreograph gehörte zu den Initiatoren der Folkwangschule Essen, leitete die dortige Tanzabteilung und gründete das Folkwang-Tanztheater-Studio sowie die Ballets Jooss. Auf seine öffentliche Weigerung, sich von seinen jüdischen Mitarbeitern zu trennen, entschied er sich 1934 zur Emigration nach England, aus der er erst 1949 zurückkehrte. Geschichten über Macht, Tod, Liebe, Zerstörung und die Verführbarkeit des Menschen blieben wiederkehrende Motive seines Schaffens.
© Ballett am Rhein
Video: Ralph Goertz