Zarah Leander - Davon geht die Welt nicht unter (Die große Liebe, 1942)

Der Film “Die große Liebe“, in dem Zarah Leander mehrere zu Evergreens gewordene Lieder sang, wurde nach dem Krieg von den Alliierten als “Propagandafilm“ auf die schwarze Liste gesetzt, die Lieder als “Durchhaltelieder“ eingestuft. Dass die Stigmatisierung der Lieder mehr als unzutreffend ist, kann man feststellen, wenn man sich ein wenig näher mit dem Textschreiber beschäftigt : Bruno Balz. Bruno Balz (1902-1988) wurde in der Rosenthaler Vorstadt in Berlin geboren und wuchs als Einzelkind auf. Bereits in seiner Schulzeit entdeckte er seine Begabung zum Schreiben und kreierte Aufsätze in Gedichtform und Verse. Erste Liedtexte konnte Balz bereits 1923 veröffentlichen. Seine erfolgreiche Arbeit für den Film kam aber erst 1929 richtig in Fahrt. Als er sich in den 1960er Jahren ins Privatleben zurückzog, hatte er mehr als Liedtexte sowie auch Libretti für Operetten und Opern geschrieben. Mit dem Komponisten Michael Jary ging Bruno Balz eine erfolgreiche Zusammenarbeit ein, die fast dreißig Jahre andauern sollte. Gemeinsam schufen sie die Lieder, die vor allem Zarah Leander, die mit Balz zeitlebens auch privat eng befreundet war, zum Weltstar machten. Bruno Balz war homosexuell. Im Jahr 1936 wurde er während einer Razzia im Großen Tiergarten nahe dem Bahnhof Zoo verhaftet und verbrachte mehrere Monate im Gefängnis, wurde jedoch unter strengen Auflagen freigelassen. Er wurde zudem gezwungen, eine Krankenschwester namens Selma Pett zu heiraten, die fünf Jahre jünger als er war. 1941 wurde Balz erneut von der Gestapo verhaftet, nachdem er bei einem romantischen Tête-à-Tête mit einem Mann ertappt worden war. Nach tagelanger Folter im Hauptquartier der Gestapo drohte ihm eine Inhaftierung im Konzentrationslager. Erst durch die Intervention von Michael Jary, der auf Bruno Balz´ Mitarbeit bei der Erschaffung der Filmmusik zu “Die große Liebe“ nicht verzichten konnte, kam er innerhalb weniger Stunden wieder frei. Unter strenger Bewachung durch die Gestapo schrieb er zwei seiner größten Erfolge : “Davon geht die Welt nicht unter“ und “Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh´n“. “Wenn ich ohne Liebe leben müsste, wenn ich glauben müsste, dass mich niemand liebt, dass es nie ein Glück mehr für mich gibt, ach das wäre schwer. Wenn ich nicht in meinem Herzen wüsste, dass du eines Tages zu mir sagst, ich liebe dich, wär´ das Leben ohne Sinn für mich. Doch ich weiß mehr.“ Dieser Auszug aus “Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh´n“ spricht für sich. Es sind die Worte eines verfolgten Homosexuellen, der sich nach Liebe sehnte und verzweifelt hoffte, den Krieg unbeschadet zu überstehen. Zu behaupten, ausgerechnet die Liedtexte von Bruno Balz, der als schwuler Mann ganz sicher kein Anhänger der Nationalsozialisten war, hätten die Deutschen bis zum erhofften “Endsieg“ in Kampfstimmung halten sollen, ist an Perfidität nicht zu überbieten. Bruno Balz´ Texte richteten sich in erster Linie an seine Leidensgenossen und an die einfachen Menschen im Volk, die nichts weiter wollten, als zu überleben. Und in diesem Sinne hatte die Leander die Lieder interpretiert. Unter diesen Umständen ist es an der Zeit, die von Balz´ geschrieben Liedtexte zum Film “Die große Liebe“ neu zu bewerten und dem Künstler, der auch in der Nachkriegszeit verfolgt und diffamiert worden war, endlich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.
Back to Top