Putin verschiebt einfach die eigene Grenze - dahinter steckt irrer Ostsee-Plan

#russland #putin #ostsee Russland plant Medienberichten zufolge eine eigenmächtige Verschiebung seiner Seegrenzen zu Finnland und Estland. Der russische Präsident Wladimir Putin verfolgt offenbar einen Plan, seine Macht auf Kosten Europas auszuweiten und seinen Einfluss in der Ostsee zu stärken. Betroffen von der geplanten Grenzverschiebung sind die Gebiete um die Exklave Kaliningrad sowie mehrere Inseln. Die Regierungen Litauens und Finnlands seien erst durch russische Medienberichte über die Pläne informiert worden. Markus Reisner, Oberst beim Österreichischen Bundesheer, sieht zwei Gründe für die russischen Provokationen in der Ostsee. „Zum einen geht es dem russischen Präsidenten Wladimir Putin darum, sich geografisch einen Vorteil in der Region zu schaffen“, so der Militärexperte. „Die Ostsee ist historisch schon lange eine Herausforderung, wenn es um den Erhalt einer Vormachtstellung geht.“ Das erklärt sich unter anderem aus der besonderen Lage von St. Petersburg – dort ist die russische Ostseeflotte stationiert. Die Stadt liegt am östlichen Ende des finnischen Meerbusens. Wenn Estland und Finnland, deren Hauptstädte Tallin und Helsinki jeweils weiter vorne liegen, die Passage zur offenen Ostsee dichtmachen würden, wäre das ein harter Schlag für Russland. Um das zu verhindern, schielt der Kreml offenbar auf die schwedische Insel Gotland. Mit ihrer zentralen Lage bringt sie viele militärische Vorteile mit sich. „Gotland ist wie ein riesiger Flugzeugträger in der Ostsee“, erklärt Reisner. Die strategische Relevanz der Insel ist auch Schweden bewusst. Der Armeechef des Landes, Micael Bydén, sagte dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ in einem Interview: „Wer Gotland kontrolliert, der kontrolliert die Ostsee.“ Wenn Putin in Gotland einmarschiere, könne er die Nato-Länder vom Meer aus bedrohen. „Das wäre das Ende von Frieden und Stabilität in den nordischen und baltischen Regionen.“ Wie schlagkräftig die russische Ostseeflotte ist, lässt sich laut Reisner nicht genau sagen. „Zum einen hören wir, dass die Russen völlig unfähig sind. Zum anderen aber auch, dass die Russen uns in einigen Jahren auf jeden Fall angreifen werden. Wahrscheinlich liegt die Wahrheit in der Mitte“, glaubt der Militärexperte. Eine schnelle Eroberung Gotlands ist daher nicht zu befürchten – allerdings hänge auch viel davon ab, ob die Nato-Staaten mit ihrer Marine Russland glaubhaft abschrecken können. Reisner rät deshalb zu mehr Präsenz in der Ostsee. „Früher war die deutsche Flotte innerhalb der Nato auf die Ostsee fokussiert, dementsprechend gab es dort eine ganze Reihe von Schiffen. Aber heute ist der Zustand der deutschen Marine ein anderer.“ Gab es früher noch mehr als 70 Schiffe, ist die Flotte zwischenzeitlich auf 20 Schiffe geschrumpft. Polen und Schweden beispielsweise haben ihre Flotte wieder aufgerüstet. Besorgniserregender als die militärischen Vorteile, die Russland sich mit Grenzverschiebungen schaffen könnte, sind für Reisner indes die politischen Signale, die von der Aktion ausgehen: „Nach mehr als zwei Jahren Krieg tritt Russland dominanter und fordernder auf. Der Kreml zeigt, dass er nicht ausschließlich von der Lage in der Ukraine gefordert ist, sondern macht seine Ambitionen darüber hinaus immer deutlicher.“ Putin wolle einschüchtern und signalisieren, dass sein Land trotz aller Verluste in der Ukraine zurück bei alter Stärke sei. „Bislang hat Russland vor allem drei Narrative bedient: Dass die stockenden Getreideexporte aus der Ukraine zu Migration aus Afrika nach Europa führen, dass Russland Europa atomar bedrohen kann und dass der Westen wirtschaftlichen Schaden nimmt, wenn er die Ukraine weiter unterstützt. Was jetzt in der Ostsee passiert, bedroht den Westen darüber hinaus.“ Dabei setzt Russland auch auf hybride Kriegsführung: Die Fluggesellschaft Finnair musste wegen der mutmaßlich von Russland gestörten GPS-Signale seine Route zwischen Helsinki und dem estnischen Tartu vorübergehend einstellen. Mit den GPS-Störungen wurde im März sogar ein Flug des britischen Verteidigungsminister Grant Shapps blockiert. Im Interview mit dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ warnt der schwedische Armeechef vor einer weiteren Gefahr. Denn vor Gotland liegen alte russische Öltanker. „Russland könnte eine Umweltkatastrophe direkt vor unserer Haustür verursachen und es wie einen Unfall aussehen lassen. Die Folgen für die Umwelt wären verheerend.“ Zudem könnten die Schiffe für Abhöraktionen und Unterwasser-Sabotage eingesetzt werden. Ob Russland auch für die Sprengung der Nordstream-Pipelines verantwortlich ist, wurde bis heute nicht eindeutig ermittelt. Militärexperte Reisner hält das für unverantwortlich: „Aus meiner Sicht muss es im Interesse der Ostsee-Anrainer liegen, ein lückenloses Lagebild zu haben und die Verantwortlichen zu stellen.“ Sollten auch Strom- oder Datenleitungen, die im Meer liegen, sabotiert werden, würde das Europa wirtschaftlich schaden.
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