Demontage der Glocken der evangelischen Jonakirche in Berlin-Charlottenburg am 12. April 2023
Am Mittwoch wurden die Glocken der evangelischen Jonakirche in Berlin-Charlottenburg demontiert (Video). Dass Gotteshäuser mangels „Kundschaft“ aufgegeben werden, ist im Zuge der Entchristianisierung nichts Neues. In diesem Fall ist jedoch eine Anekdote erwähnenswert.
Seit 1967, (noch) mitten im Kalten Krieg, läuteten die drei kleinen Glocken mitten im Wohngebiet, ohne dass sich jemand daran gestört hätte. Die Jonakirche war von außen kaum als solche zu erkennen, stand sie doch eingebettet in einer Häuserzeile in der Roscherstraße 6. Doch 2019 wurde die Kirche aufgegeben und von einer anderen abrahamitischen Religionsgemeinschaft als Schule genutzt. So weit, so gut.
Erstaunlich und amüsant zugleich war jedoch, dass die Glocken weiterhin ein seltsames Eigenleben führten und zuweilen in voller Lautstärke ertönten. Waren die Hunderten von WLANs aus den umliegenden Wohnungen schuld? Oder die Strahlung der nahe gelegenen Funkmasten? Hat die Elektronik der Läuteanlage versagt und den Behörden einen Streich gespielt?
Läuteten die Glocken bisher vor den Gottesdiensten und abends um 18 Uhr, war damit 2019 Schluss. Eigentlich. Die Amseln auf dem Kirchendach mit ihrem abendlichen Gesang scheinen sich bemüht zu haben, diese akustische Lücke irgendwie zu füllen.
Doch zu höchst unregelmäßigen Zeiten, oft mit drei Wochen Pause dazwischen, erklang unvermittelt das mächtige Sonntagsgeläut. Niemand wusste warum, und das war „auch gut so“, wie man in Berlin zu sagen pflegt. Wer oder was hatte die Finger im Spiel, um das Glockenspiel morgens, nachmittags oder abends erklingen zu lassen? Mal um Uhr, dann um Uhr und auch, was ungewöhnlich war, um Uhr. Die Glocken wollten weiterhin den Herrn loben. Wir Anwohner staunten und freuten uns über diese himmlische Geste.
Nun ist es vorbei, die Glocken wurden abtransportiert. Bleibt zu hoffen, dass aus dem Metall keine Kanonen gegossen werden, wie es die kirchliche Obrigkeit derzeit propagiert. Pflugscharen statt Schwerter wäre eine Alternative.
Lassen wir die Glocken in unseren Herzen weiter klingen und erinnern wir uns an ihre Botschaft, wenn wir Frieden und Glauben suchen. “Süßer die Glocken nie klangen“ - möge ihre Botschaft uns immer begleiten.
Die Inschriften der drei Glocken lauteten:
UNSER GLAUBE IST DER SIEG, DER DIE WELT ÜBERWUNDEN HAT - 1. JOH. 5,4.
WENN IHR NICHT GLAUBT, WERDET IHR NICHT BLEIBEN - JES. 7,9.
UNS, HERR, WIRST DU FRIEDEN SCHAFFEN - JES. 26,12.
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